Ein Brückenmodul

Seit Dortmund ist ein neues Streckenmodul mit einer Brücke und einem Fluss von mir dabei. So mancher wollte wissen, wie die beiden denn entstanden sind. Hier möchte ich es näher beschreiben.

Begonnen hat dieses Projekt damit, dass bei der Wiener Modellbaumesse vom VOEMEC Modulbaukästen angeboten wurden. 2 Stück nahm ich mit nach Hause und beschloss, einmal etwas für mich zu bauen. Auf dem ersten Modul stellte ich eine Doppelhochzeitszene dar. Ganz so war es bei unserer Hochzeit (von Bettina und mir) zwar nicht, aber ich wollte die Stimmung, in der ich mich befand, verewigen. Für das zweite Modul hatte ich zwar auch meine Vorstellungen, aber ich wusste noch nicht so recht, ob das gelingen würde: In einem Hp1-Magazin war ein Bericht von einem Spezialisten, der einen fließenden Bach nachgebaut hat; mit allen Grundlagen über Strömung, Gestein, Farbgebung…

Tief beeindruckt von den fantastischen Fotos ließ ich die Einzelteile des zweiten Moduls zunächst in ihrer Verpackung ruhen.

Kurz vor Weihnachten kamen Bettina und ich nach München. Zufällig entdeckten wir ein riesiges Spielwarengeschäft, wo in einem ganzen Stockwerk Modelleisenbahnartikel zu sehen waren. Beeindruckend war vor allem das Zubehörangebot: Jeden Faller-Bausatz und alle Preiserlein-Packungen konnte man angreifen. Nachdem Weihnachten war, beschenkte mich Bettina (und ich mich auch ein bisschen) mit so mancher Kleinigkeit, die es bei uns nur im Katalog gibt. Dort kaufte ich auch 2 Brückenbausätze, welche die Ausgangsbasis für mein zukünftiges Projekt bildeten.

Es folgte das Studium eines Vorbildes. Die Wahl fiel auf die Murbrücke der Grazer Ostbahn zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof. Wie das bei mir so üblich ist, wollte ich keinen sklavischen Nachbau bis ins letzte Detail; ich möchte nur etwas korrekt wieder geben, so auch hier. Das Original ist eine Rundbogenbrücke. Eine solche gibt es bereits auf einem VOEMEC-Modul. Nachdem wir einige gemeinsame Modultreffen hatten und vielleicht noch welche folgen werden, entschied ich mich für eine Kastenbrücke. Besonders angetan hat es mir bei der Grazer Murbrücke der abgetragene Mittelpfeiler der alten Brücke. Je nach Wasserstand ist mehr oder weniger davon zu sehen. Eine äußerst interessante Vorbildsituation zum Nachbauen.

Gut zu sehen ist die Brücke auch von unten, weil links und rechts entlang der Mur ein Weg geführt ist. Und da wurde mir auch bewusst, wie einfach es sich die Plastikhersteller bei ihren Bausätzen machen. Das Längstragwerk (auf dem das Gleis liegt) mit seinen zahlreichen Querverstrebungen habe ich mit Doppel-T-Profilen aus Messing gelötet. Die Profile an den Seitenverstrebungen sehen zwar auch etwas anders aus, aber die Nieten haben mir gut gefallen und liegen für mich innerhalb der Toleranz. Die Querverstre­bun­gen sind durch Erwärmen in die Kunst­stoffseitenprofile eingepresst worden. Darunter kleben zusätzlich diagonal Plastikprofile. Beim Flexgleis ist das Schwellenband entfernt worden und ich habe die Verbindungen der einzelnen Schwellen untereinander getrennt. Links und rechts neben dem Gleis liegen quer Holzbretter. Hier habe ich Furnierholzstreifen verwendet und die Bretterimitationen eingeritzt. Natürlich ist das eine oder andere Brett im Laufe der Jahre kaputt gegangen. Auch das Geländer entlang der Brücke hat schon bessere Zeiten gesehen. Und erst die grüne Lackierung; stel­len­wei­se hat der Rost ganz schön genagt…

Die Brücke war fertig, nun konnte der Modulbau beginnen. Bei der Flussbett-Gestaltung ist viel Zeit verstrichen. Da sollte man auch gut überlegen, wo man welchen Sand und wie viele Steinchen platziert. Wenn das Gießharz einmal drauf ist, kann man nichts mehr machen. Ebenso bei der Farbgebung des Untergrundes: je tiefer die Stelle, desto dunkler die Farbe. Auch wenn das Bett gar nicht so tief ist, es wirkt ganz anders. Nicht zu vergessen ist auch das Ufer. Die Büsche und Sträucher, welche aus dem Wasser wach­sen, müssen vor­her eingesetzt wer­den und vielleicht ein Autoreifen oder ein Kühlschrank (gibt’s den in 1:87?) als Umweltsünde tragen ihren Teil zum späteren Gesamteindruck bei. Mein abgetragener Mit­tel­pfeiler war auch eine kleine Herausforderung. Obwohl er schon von einem Besucher mit einem Boot verwechselt worden ist, denke ich doch das er mir ganz gut gelungen ist (manche Leute sind sich nicht bewusst, wie schlecht sie sehen). Jetzt nutzen ihn Enten als Rastplatz und wärmen sich in der Sonne.

Der Fluss selbst wurde mit Gießharz dargestellt, ich verwendete das von Faller. Es ist einfach in der Verarbeitung und riecht nicht unangenehm und es trocknet glasklar auf. Als i-Tüpfelchen folgte danach die Strömung. Ein breiter Fluss lässt Wellen entstehen und nach einem Hindernis die so genannte Gischt. Dies kann man mit Window-Colors darstellen: Transparente Farbe von der Tube direkt in Fliessrichtung auf das getrocknete Giesharz in Streifen auftragen. Die Farbe einer einzelnen Linie mit einem kleinen Pinsel schräg zur benachbarten Linie verteilen (so als ob man einen Tannenzweig malen will). Eine Linie nach rechts einmal nach links; mehr oder weniger regelmäßig und mit mehr oder weniger dicken Streifen. Bei der Gischt wird dann zusätzlich weiße Window-Colors-Farbe auf die bereits bestehenden Wellen aufgetragen.

Ein Pferdefuhrwerk, Sonnenanbeter, Schwäne und weitere Figuren beleben die Szene und haben so manchen Betrachter in ihren Bann gezogen und vom eigentlichen Spielbetrieb abgelenkt.

Peter Rauch

 

© Peter Rauch  

zuletzt geändert am 27. Februar 2009